Verkehrte Welt. Da wird Beckedahl nicht freigesprochen vom Geheimnisverrat, sondern ein Gutachtenauftrag storniert und der Generalbundesanwalt entlassen. Wenn in Italien ein Staatsanwalt versetzt wird, der wegen Korruption ermittelt, sehen wir den Rechtsstaat in Gefahr. Man unterbricht keine laufenden Ermittlungen per Ordre Mufti – Punkt. Nun entsteht der Eindruck, als haben Medien und die Internetblase abgestimmt: Beckedahl ist nicht schuldig. Nicht Richter urteilen, sondern ein Quorum. Dabei hätte Beckedahl ein Einstellungsbescheid oder Freispruch gut zu Gesicht gestanden, er hätte ein Ermittlungsverfahren auch gut vertragen. Wer sich mit einem investigativen Portal an die Front wagt, wird sich die Frage stellen, welche Unterlagen er veröffentlichen darf. Und vielleicht hätte er das gedurft und ein Richter hätte in den Gründen dazu ausgeführt und die rechtlichen Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft auseinander gepflückt oder eben auch nicht. So aber wurde die Lösung einer rechtlich relevanten Frage nicht den Richtern übertragen, sondern Vertretern der Medien. Und die schreiben nun Artikel über angeblich dünne juristische Gutachten – verkehrte Welt. Ohne dass ich das Gutachten kenne: was für eine fatale Kompetenzverlagerung. Als Jurist lese ich lieber Urteile. Das fehlende Vertrauen in den Rechtsstaat aller Beteiligten ist erschütternd und muss jeden Juristen verärgern.